Caritas bildet Moderatoren für ethische Grenzfälle im Kranken- und Pflegebreich aus
Wildeshausen/Stapelfeld - Ein Szenario aus dem Alltag: Ein älterer Patient liegt nach einer schweren Operation im Krankenhaus. Er wird beatmet und braucht Dialyse. Es steht nicht gut um ihn. Kurz vor der Operation hat er in seiner Patientenverfügung verfügt, keine lebensverlängernden Maßnahmen zu wollen, wenn keine Aussicht auf Besserung bestehe. Der Mann hat zwei Söhne. Der eine, der sein Betreuer ist, will diesen Wunsch respektieren. Der andere will jegliche medizinische Hilfe. Was tun?
Solche und ähnliche Konflikte kennen alle Beschäftigten im Kranken- oder Pflegebereich. Wie man hier eine Entscheidung trifft und welche ethischen Grundlagen zu beachten sind, das lernten 13 Fachkräfte aus Altenheimen, Krankenhäusern und Hospizen, unter anderem vom Johanneum in Wildeshausen, bei einer mehrmonatigen Fortbildung des Landes-Caritasverbandes. Unter Leitung des Diplom Theologen Stefan Kliesch, Caritasreferent für Profilbildung, Spiritualität und Ethik, besprachen sie Fragen der Ethik, Moral und Menschenwürde. In Fallbeispielen ging es um Aspekte zum Lebensende wie Therapieverzicht oder -abbruch, Sterbebeistand, Ernährungs- und Flüssigkeitsgabe oder verhungern/verdursten lassen, Suizid, Gewaltfreiheit oder Zwang, Interreligiosität, Weltanschauung und Grenzen der Toleranz. Da die Kursteilnehmer in ihren Einrichtungen später ethische Fallbesprechungen moderieren sollen, lernten sie auch Formen der Gesprächsführung mit Kollegen und Angehörigen.
„Es ist eine zentrale und schwierige Aufgabe, die Sie jetzt wahrnehmen“, sagte Martin Pohlmann, stellvertretender Caritasdirektor, bei der Übergabe der Zertifikate in der Katholischen Akademie Stapelfeld, zu der auch mehrere Einrichtungsleiter gekommen waren. Katholische Einrichtungen würden sich werteorientiertes Handeln auf die Fahnen schreiben. Jede Entscheidung in solchen Situationen habe ethische Dimensionen. Oft fehle aber die Gelegenheit, Entscheidungen zu reflektieren. Dann würden geschulte Moderatoren helfen, die abwägen, welche Werte betroffen sind und was zu empfehlen ist.
„Wir haben gestritten und miteinander gerungen und keine Prinzipienethik gemacht“, fasste Kursleiter Kliesch die intensiven Diskussionen in der Gruppe zusammen. „Moderatoren sind nicht die Ethikpäpste, sondern wie Hebammen, die die richtigen Entscheidungen in der Diskussion herbeiführen können. Wir können dabei auch Fehler machen und uns schuldig machen. Es ist aber besser, als nichts zu machen.“